Synergieeffekte kommen am wirksamsten zur Geltung, wenn das Stammkapital der Kooperationspartner groß und stark ist. Die beiden Männerchöre "Harmonie" Büchenau und "Sängerbund" Obergrombach sind von Hause aus Garanten für Chorklang vom Feinsten und die Namen der Chorleiter, Stefan Kistner als ausgewiesener Kreischormeister und Herbert Menrath als hochdekorierter Schul- und Kirchenmusiker, sind ihrerseits Qualitätsbegriffe von besonderem Rang. Das Programm folgte einer richtungsweisenden Konzeption, nicht der Abspulung tradierter Repertoiretitel, sondern einer Folge neu einstudierter Raritäten der auch liturgischen Männerchorliteratur. Im Zentrum stand die Aufführung der Messe "Sancti Friederici" für Soli, Männerchor und Orgel von Joseph Gruber, nicht zu verwechseln mit jenem sehr viel älteren Salzburg-Halleiner Stille-Nacht-Gruber. Josef Gruber wurde 1855 in Niederösterreich geboren, war Bruckner-Schüler, er starb 1933 in Linz. Stadtpfarrer Edgar Neidinger gab eine Einführung in die auch liturgiegeeignete Missa Brevis Grubers, und er bettete das Werk ein in seinen originären theologisch-religiösen Kontext. Dem Johannesevangelium entsprechend war am Anfang das Wort, und deshalb ist und bleibt die Musik die Dienerin dieses Wortes -ein Anspruch, der im Konzert erfüllt wurde. Umrankt wurde die Gruber-Messe von Chor- und Solobeiträgen. Letztere ausschließlich mit choreigenen Solisten, die semiprofessionellen Ansprüchen genügten. Jürgen Müller verfügt als sonorer Bass über schwarze Tiefen, sichere Höhen und eine reife Atemtechnik. Jens Skibbe ist mit schwindelfreien Höhen als echter lyrischer Tenor mit auch dramatischen Qualitäten die besondere Entdeckung des Abends. Der zweite Solo-Tenor des Abends, Stefan Degen, hat mit Geschmeidigkeit und Stilsicherheit in einer Bach-Arie überzeugt. Reinhard Wolf bestach mit seinem Zwei-Oktaven-Ambitus, der tenorischen Höhe und Leichtigkeit, während Frank Neuberth mit seiner reifen und sympathischen Stimmkultur die ideale Ergänzung der Solo-Tenöre war. Die Positionierung der Solisten neben dem Spieltisch der Orgel war zwar vorteilhaft für die kurze Leine zum Organisten, aber der umstehenden dicht gedrängten Chorsänger wegen zum Nachteil der Klangpräsenz und Dynamik. Später war die erstaunliche Stimm- und Interpretationsqualität aller Solisten deutlicher erkennbar, als diese sich vor den Kreis der weit über 120 Chorsänger positionierten. Herbert Menrath spielte zwei stilistisch einheitliche Beiträge für Orgel Solo aus der französischen Orgelmusik-Tradition. Der Organist agiert in seine langjährigen kirchenmusikalischen Heimat auf einer Orgel, die er sehr gut kennt und in einer vertrauten Akustik. Seine Registrierung ist intelligent und in der Chorbegleitung umsichtig, und dynamisch angemessen, immer kultiviert und defensiv. Stefan Kistner übernimmt das Dirigat im "Deus Salutis" von G. H. Jones, spannt herrliche Legatobögen und leitet den homogenen, keine Sekunde nur addierten Chorklang der beiden sonst getrennt singenden Chöre mit Präzision und einer souveränen Bestimmtheit seiner versierten Zeichengebung. Menrath zeichnet anschließend gleichfalls sehr exakt, federn und motivierend. Es gelingen ihm vorzügliche, lupenrein intonierte Schlüsse, und das Sich-Trauen seiner Choristen wird fortschreitend deutlicher hörbar. In der Messe sind Jens Skibbe, Frank Neubert, Raphael Pompe und Jürgen Müller als hervorragend disponierte Solisten beteiligt. Das Kyrie gelingt verhalten, das Christe frischer, und im Gloria entfaltet sich die eindrucksvolle dramatische Wucht der Unisono-Melodik nach dem solistischen Vorspann. Die Intonationen von Gloria und Credo erfolgen choraliter, und im "Et incarnatus est" gestaltet und entfaltet Jens Skibbe eine tiefe und im doppelten Wortsinn "glaub-würdige" Verin-nerlichung. Benedictus und Agnus heben an mit sonorem Chorbass und eine spürbare Singfreude spiegelt mehr und mehr durch die immer intonationssichere Gestaltung. Mit einem besonders anspruchsvollen, weil polyrhythmischen Chorsatz im deklamatorischen Stil des Zeitgenossen Vytautas Miskinis überrascht Menrath als schlagtechnisch versierter Chorleiter, und das Konzert endet andächtig mit dem siebenstimmigen Ave Maria von Franz Biebl als quasi chorisches Concerto Grosso mit einem Solistenensemble und der Tutti-Besetzung im Gegenpart. Dieses Konzertprojekt der besonderen Art - oder war es ein musikalisch hervorragend gestalteter Gottesdienst in gebetsähnlicher kontemplativer Atmosphäre? - wird auch als bürgerschaftliches Ereignis lange nachwirken, denn die sprichwörtliche Harmonie zweier Stadtteile und ihrer erfolgreichen Männerchöre tangiert nicht nur musikalisch-künstlerische, sondern auch ethische und politische Dimensionen. (16.11.2005 BNN, Johann J. Beichel)